FG Baden-Württemberg

12. Juni 2014 - Steuerrecht

Der Gerichtshof der Europäischen Union soll entscheiden, ob die sogenannte überdachende Besteuerung von Arbeitnehmern, die ihren Wohnsitz in Deutschland aufgeben und in die Schweiz ziehen, gegen das zwischen der Schweiz und der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten abgeschlossene Freizügigkeitsabkommen verstößt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat dem EuGH diese Frage mit Beschluss vom 19.12.2013 (Az.: 3 K 2654/11) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Dort ist das Verfahren unter dem Aktenzeichen C-241/14 anhängig.

Die überdachende Besteuerung ermöglicht dem deutschen Fiskus den Zugriff auf Einkünfte aus deutschen Quellen im Jahr des Wegzugs in die Schweiz und in den folgenden fünf Kalenderjahren. Dies betrifft insbesondere den Arbeitslohn, der nach dem Wegzug als Grenzgänger für eine Tätigkeit bei einem deutschen Arbeitgeber bezogen wird. Die deutsche Besteuerung greift allerdings nur dann, wenn der Wegzüger kein Schweizer Staatsbürger ist. Das FG sieht darin eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit sowie einen Verstoß gegen die Bestimmungen über die Arbeitnehmer- und Personen-Freizügigkeit.

Der Kläger des Streitfalls hatte seinen Wohnsitz in Deutschland Ende Juli 2008 aufgegeben und war in die Schweiz gezogen. Anschließend war er jedoch weiterhin als Geschäftsführer für eine in Deutschland ansässige GmbH – die Tochtergesellschaft eines schweizerischen Konzerns – tätig. Für den seither bezogenen Arbeitslohn führte die GmbH lediglich eine Quellensteuer von 4,5% an den deutschen Fiskus ab. Der Kläger versteuerte den Arbeitslohn ansonsten an seinem Wohnsitz in der Schweiz. Zum Streit kam es, weil das deutsche Finanzamt den Kläger trotzdem – unter Anrechnung der schweizerischen Steuer – zur (erheblich höheren) deutschen Einkommensteuer heranziehen wollte.

Harald Nickel